Zusammenfassung

Die Entscheidung für eine Wallbox-Lösung im Mehrfamilienhaus ist gefallen – doch wer kümmert sich um Installation, Betrieb, Wartung und vor allem die faire Abrechnung des Ladestroms? Soll der Ladestrom überhaupt abgerechnet werden oder läuft das über den Stromzähler der Mietparteien? Das richtige Betriebsmodell ist der Schlüssel zu einer funktionierenden und wirtschaftlichen Ladeinfrastruktur. Dieser Artikel beleuchtet gängige Modelle, von der individuellen Lösung über die WEG als Betreiberin bis hin zum komfortablen Contracting, und hilft Ihnen, das passende Konzept für Ihre Immobilie zu finden.

im ersten Teil unseres Leitfadens haben wir die grundlegenden Schritte zur Planung einer Wallbox-Anlage im Mehrfamilienhaus beleuchtet. Im zweiten Teil ging es um verschiedene Investitionsmodelle. Heute wollen wir tiefer in ein entscheidendes Detail eintauchen: das Betriebsmodell. Denn nur eine ganzheitlich geplantes technische Infrastruktur lässt das gewünschte Betriebsmodell zu. Wir zeigen Ihnen die gängigsten Optionen auf und helfe Ihnen, die richtige Wahl zu treffen.

Warum ein durchdachtes Betriebsmodell so entscheidend ist

Mit der Installation alleine ist es nicht getan. Durch die Installation von Wallboxen zieht eine neue, technische Infrastruktur in das Mehrfamilienhaus. Hierfür braucht es geregelte Verantwortlichkeiten, eine faire Kostenverteilung und einen reibungslosen, störungsfreien Betrieb. Ohne ein solches Konzept können schnell Unklarheiten, erheblichen Mehraufwand und damit Konflikte entstehen.

Wichtige Fragen, die Ihr Betriebsmodell beantworten muss:

  • Eigentum: Wem gehört die Ladeinfrastruktur (die einzelnen Wallboxen, die Zuleitungen, das Lastmanagement)?
  • Laufende Kosten: Wer kommt für Wartung, Reparaturen, Software-Updates des Lastmanagements und ggf. Versicherung auf?
  • Stromabrechnung: Wie wird der Ladestrom extern abgerechnet, über die Nebenkostenabrechnung verrechnet oder kümmert sich jeder Mieter selbst darum?
  • Verwaltung & Service: Wer ist Ansprechpartner bei Störungen oder Fragen? Wer kümmert sich um die Nutzerverwaltung?
  • Skalierbarkeit: Wie flexibel ist das Modell, wenn weitere Ladepunkte hinzukommen sollen?

Gängige Betriebsmodelle für Wallboxen im Mehrfamilienhaus im Überblick:

  • Die individuelle Lösung (oft mit Rahmenvereinbarung der Eigentümer)

    • Beschreibung: Jeder interessierte Eigentümer oder Mieter (mit Zustimmung des Eigentümers/der WEG) installiert und betreibt seine eigene Wallbox auf eigene Kosten. Die Abrechnung des Ladestroms erfolgt meist über den eigenen Haushaltszähler (falls technisch möglich und sinnvoll) oder einen separaten, geeichten Zähler.
    • Vorteile: Hohe Autonomie für den Einzelnen, direkte Kostenkontrolle und Möglichkeit, spezielle Stromlieferverträge abzuschließen.
    • Nachteile: Kann schnell zu Kapazitätsengpässen im Hausnetz führen, wenn kein übergeordnetes Lastmanagement vorhanden ist. Die Koordination mehrerer individueller Installationen kann komplex sein. Eine Rahmenvereinbarung durch die WEG, die technische Mindeststandards und Installationsrichtlinien festlegt, ist hier dringend zu empfehlen, um ein späteres Chaos zu vermeiden.
    • Geeignet für: Kleinere Gemeinschaften mit wenigen E-Autofahrern und ausreichend dimensionierter Elektroinfrastruktur oder als Übergangslösung.
  • Die Eigentümer (oder WEG) als Betreiberin (mit Hilfe eines kaufmännischen CPO)

    • Beschreibung: Die WEG beschließt und finanziert die Errichtung einer gemeinschaftlichen Ladeinfrastruktur. Dies kann die komplette Installation inklusive Wallboxen umfassen oder zumindest die Basisinstallation (Leerrohre, Zuleitungen, zentrales Lastmanagement) bis zu den Stellplätzen. Die Wallboxen selbst können dann von den Nutzern gekauft oder gemietet werden. Die WEG kümmert sich um Betrieb, Wartung und die Organisation der Abrechnung (oft über einen Dienstleister).
    • Vorteile: Ermöglicht einheitliche Standards, professionelles Lastmanagement, faire Kostenverteilung (z.B. Umlage der Grundinvestition, nutzungsabhängige Stromkosten), und ist zukunftssicher. Wertsteigerung der gesamten Immobilie.
    • Nachteile: Höherer initialer Planungs- und Abstimmungsaufwand in der WEG. Die WEG trägt die Betreiberverantwortung und muss dies organisatorisch stemmen können oder einen Service abschließen. Dadurch auch höhere Kosten im BEtrieb.
    • Geeignet für: Die meisten Mehrfamilienhäuser, die eine zukunftsfähige und faire Lösung für alle Bewohner anstreben.
  • Contracting / Full-Service-Dienstleister (CPO-Modell)

    • Beschreibung: Ein externer Dienstleister (Charge Point Operator – CPO) übernimmt das gesamte Projekt, also bereits die gesamte Planung, Finanzierung, Installation und damit später auch den Betrieb und die Wartung der Ladeinfrastruktur. Die Nutzer zahlen in der Regel eine monatliche Grundgebühr und/oder einen Preis pro geladener Kilowattstunde direkt an den CPO. Die WEG stellt lediglich die Flächen zur Verfügung und schließt einen Vertrag mit dem Anbieter.
    • Vorteile: Kein oder geringer Investitionsaufwand für die WEG. Professioneller Betrieb und Abrechnung aus einer Hand. Kaum administrativer Aufwand für die Gemeinschaft.
    • Nachteile: Langfristige Vertragsbindung. Die Kosten für die Nutzer sind meist höher als bei anderen Modellen. Weniger Flexibilität bei der Auswahl der Hardware.
    • Geeignet für: WEGs, die den Investitionsaufwand und die Betreiberrolle scheuen und eine „Rundum-Sorglos-Lösung“ bevorzugen.

Abrechnung des Ladestroms – Das Herzstück vieler Betriebsmodelle

Unabhängig vom gewählten Betriebsmodell ist eine transparente und eichrechtskonforme Abrechnung des Ladestroms essenziell, sobald dieser abgerechnet wird. Hier gibt es verschiedene technische Lösungen:

  • MID-zertifizierte Zähler: Erfassen den Verbrauch pro Ladepunkt.
  • Backend-Systeme: Softwarelösungen, die Verbrauchsdaten sammeln, Nutzern zuordnen und Abrechnungen erstellen. Nur in Kombination mit eichrechtskonformen Wallboxen möglich, die den Verbrauch an das Backend melden.

Ein intelligentes Lastmanagement ist in fast jedem MehrfamilienhausKonzept unerlässlich, um die verfügbare Anschlussleistung optimal zu nutzen und Überlastungen zu vermeiden. Das gewählte Betriebsmodell muss sicherstellen, dass das Lastmanagement professionell konfiguriert, betrieben und gewartet wird.

Fazit und Ausblick: Das maßgeschneiderte Betriebsmodell ist der Weg

Es gibt nicht das eine perfekte Betriebsmodell für jede Wallbox-Installation im Mehrfamilienhaus. Die optimale Lösung hängt von vielen Faktoren ab: Größe der Immobilie, Anzahl der potenziellen Nutzer, finanzielle Möglichkeiten der Gemeinschaft und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

Eine sorgfältige Analyse der eigenen Bedürfnisse und ein Vergleich der verschiedenen Modelle sind unerlässlich. Oftmals ist eine Kombination von Elementen oder eine individuell angepasste Lösung der beste Weg. Die gute Nachricht ist: Mit einem klaren Betriebsmodell wird das Laden im Mehrfamilienhaus zu einer komfortablen und fairen Angelegenheit für alle Beteiligten und steigert nachhaltig den Wert Ihrer Immobilie. Die Elektromobilität wächst, und mit ihr die Notwendigkeit, heute schon die Weichen für eine smarte Ladezukunft zu stellen.

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